Wie evidenzbasiert sind die Kontaktverbote für Kinder? Ein Faktencheck.
Für die Behauptung, dass Kinder das Virus SARS-CoV-2 stark verbreiten, würden Kitas und Schulen wieder öffnen, gibt es bislang keine ausreichende wissenschaftliche Grundlage. Im Gegenteil. Ein Fall aus Frankreich, der vor kurzem veröffentlicht wurde, ließ aufhorchen. Ein Kind, das nachweislich mit Covid-19 infiziert war, hatte während der Inkubationszeit 172 Kontakte, nahm unter anderem an drei verschiedenen Skikursen teil. Doch es steckte offenbar niemanden an.
Ein Artikel von Sandra Reuse
Dass Kinder nicht nur deutlich weniger als Erwachsene gefährdet sind, an Covid-19 zu erkranken, sondern sich möglicherweise auch seltener infizieren und deshalb auch nicht zu einer übermäßigen Verbreitung des Virus beitragen können, zeigen auch andere Studien. Doch diese haben in Deutschland bislang leider kaum Beachtung gefunden. Das erstaunt angesichts der Schwere der Konsequenzen für Kinder, deren sämtliche sozialen Kontakte derzeit brachliegen und die vielfach mit mehr oder weniger überforderten Eltern zu Hause eingesperrt sind.
So zeigen etwa medizinische Fachberichte aus China, wo die aktuelle Corona-Pandemie ausbrach und für das bislang die meisten virologischen Studien vorliegen, dass Kinder und Jugendliche (< 18 J.), die nachweislich in engem Kontakt mit Covid-19-Patienten waren, sich deutlich seltener ansteckten als Erwachsene. In einer Erhebung, in der die Verbreitung des Virus im Zusammenhang mit größeren Familienfeiern rekapituliert wurde, infizierten sich von 745 Kindern nur 10 Kinder (1,3 %).
Einem Bericht der Chinesischen Nationalen Gesundheitskommission zufolge zeigten Erhebungen in verschiedenen chinesischen Provinzen bis Ende März, dass von allen nachweislich infizierten Kindern nur 2,4 % an Covid-19 auch erkrankten. Während in vielen Fällen rekapituliert werden konnte, dass die Übertragung des Virus von Erwachsenen auf Kinder erfolgte – entweder über die Eltern oder andere Verwandte, oder aber auch bei Besuchen in medizinischen Einrichtungen durch das dortige Personal – betont der Bericht, dass es bis dato keinerlei Evidenz gebe, dass Kinder das Virus auf Erwachsene oder andere Kinder übertragen haben.
Eine andere, durch ein internationales Team durchgeführte Studie im chinesischen Shenzhen kommt hingegen zu dem Schluss, dass sich Kinder nicht seltener infizieren als Erwachsene, offenbar aber selbst das Virus nur selten übertragen.
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