Der ewige Ausnahmezustand
Nicht nur in der Schweiz wird zunehmend klar, dass der Corona-Exit einem dauerhaften Notstands-Regime den Weg bereiten soll.
Während Wochen hat sich die Schweiz auf das Ende des Lockdowns gefreut, zuerst auf den 19., dann auf den 26. April. Nach der bundesrätlichen Pressekonferenz am 16. April 2020 wissen wir: Nicht einmal am 11. Mai kann das soziale Leben wieder beginnen. Die Überführung von Notrecht in ordentliches Recht ist auch schon geplant.
Die Datengrundlage der bundesrätlichen Vorsicht ist extrem dünn. Die Ansteckungsrate ist drei Tage vor Beginn der ausserordentlichen Maßnahmen auf unter eins gesunken.
Das heisst: Ein Infizierter kann während der ganzen Zeit seiner Infektion nicht einmal mehr einen anderen anstecken. Am 11. April lag die Ansteckungsrate bei 0,6. Wenn sie heute bei 0,5 liegt, braucht es zwei Infizierte, um einen weiteren Menschen anzustecken.
Fazit: Die Welle klingt ab, und das schon vor den „Maßnahmen“.
Ein ähnliches Bild zeigt sich übrigens in zahlreichen Ländern, wie Prof. Peer Ederer in diesem Artikel überzeugend vorrechnet.
Er zeigt darin auch, wie die prominente Max Planck-Gesellschaft der Corona-Politik der deutschen Regierung mit einem Gefälligkeitsgutachten zu Hilfe kam und sich auf Daten stützte, die sie zum Zeitpunkt der Studie noch gar nicht haben konnte. Erschütternd.
Obwohl die Ansteckungsrate schon vor dem Lockdown unter den kritischen Wert gesunken war, sprach Berset an der Medienkonferenz am 16. April 2020 von einem „Erfolg, weil unsere Massnahmen gewirkt haben.“ Dass der Bundesrat den Erfolg für sich verbuchen würde, war zu erwarten.
Aber dass die Medien solche Behauptungen ohne seriöse Grundlage widerspruchslos übernehmen, stimmt nachdenklich. Sie tragen dazu bei, dass in der Bevölkerung ein Bild entsteht, nach dem virale Infektionen nur mit quasi-militärischen Massnahmen bekämpft werden können.
„Der Bundesrat will auf keinen Fall einen Blindflug riskieren“, sagte Alain Berset an der Medienkonferenz. Deshalb: „Wir brauchen wirklich ein Monitoring“ — was er auf den Mai ankündigte.
Im Umkehrschluss bedeutet das: Es hat noch gar kein Monitoring stattgefunden und die Massnahmen wurden ohne zuverlässige Datengrundlage erlassen.
Zudem liegt der Verdacht nahe, dass das Monitoring primär dazu dient, die Massnahmen punktuell zu verlängern und nicht, sie zu verkürzen. In Bersets Worten:
„Die Übergangsphase wird lange dauern.“
Woher nimmt der Bundesrat seine Informationen? „Wir haben uns immer auf Expertenmeinungen gestützt“, erklärte Berset dazu. Es gibt dazu eine verräterische Stelle in der fast zweistündigen Medienveranstaltung. „Die Empfehlungen können sicher adaptiert werden, aber dafür ist es noch verfrüht“, sagte Berset und warf einen Blick auf den ebenfalls anwesenden Dr. Daniel Koch, noch bis Ende April beim Bundesamt für Gesundheit zuständig für ansteckende Krankheiten.
Berset bestätigt mit diesem Blick, dass er sich an die vereinbarte Sprachregelung hält, nämlich über weitere Lockerungen sehr zurückhaltend zu informieren und sich alle Optionen für Verlängerungen und partielle Verschärfungen (Stichwort Maskenpflicht) offen zu halten.
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